Interview mit Moritz Philipp – ehemaliger Juniorbotschafter des DFJW und Französischlehrer

Das Foto zeigt zwei Personen, die an einem Informationstisch stehen und über das DFJW (OFAJ), das deutsch-französische Jugendwerk informieren.

Im Rahmen unserer Serie „La parole est à vous – Sie haben das Wort“ spricht EuroRekruter mit Menschen, die im deutsch-französischen Kontext aktiv sind. In dieser Ausgabe berichtet Moritz Philipp, der in Frankreich als Deutsch-Sprachassistenz und Juniorbotschafter beim DFJW tätig war und heute als Französischlehrer in Deutschland arbeitet. Er erzählt von seiner seit jungen Jahren entwickelten persönlichen und professionellen Beziehung zu unseren französischen Nachbarn jenseits des Rheins.

Könntest du dich kurz vorstellen?

Ich bin Moritz Philipp, derzeit Französischlehrer im Endstadium des Referendariats am Heinrich-Hertz-Gymnasium in Erfurt (Thüringen). Als Zweitfach unterrichte ich Sozialkunde und habe beide Fächer sowie das Drittfach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der Friedrich-Schiller-Universität Jena studiert.

Warum hast du angefangen, Französisch zu lernen, beziehungsweise woher kommt dein Interesse für deutsch-französische Themen?

Seit der 3. Klasse habe ich Französisch gelernt, da ich in der Nähe von Freiburg im Breisgau, also sehr nah an der französischen Grenze, aufgewachsen bin. Die Sprache zu lernen hat mir von Anfang an Spaß gemacht und über Schüleraustausche, Auslandsaufenthalte + Fremdsprachenstudium ist mein Interesse an der Sprache stetig gewachsen.

Was hat dich dazu motiviert, mit deiner Arbeit als Juniorbotschafter beim DFJW in diesem Bereich aktiv zu werden? Was waren deine Aufgaben?

Mir war es wichtig, einerseits jungen Menschen zeigen zu können, was dank der Programme des DFJW alles möglich ist. Andererseits habe ich auf diese Weise versucht, in ihnen den Motivationsfunken für die französische Sprache zu wecken. Als Schüler habe ich es selbst nie in Erwägung gezogen, mit dem Sauzay- oder Voltaire-Programm nach Frankreich zu gehen – aber darüber hinaus bietet das DFJW vielfältige Möglichkeiten, mit dem Partnerland, dessen Sprache und Kultur in Kontakt zu kommen.
Als regionaler Juniorbotschafter bestanden meine Aufgaben primär darin, die Programme und Möglichkeiten des DFJW bekannt(er) zu machen. Durch Schulbesuche, Infostände auf Messen oder Sprachanimationen bei Jugendbegegnungen trat ich mit jungen Menschen in Kontakt und habe ihnen diese deutsch-französische Welt nähergebracht. Nach meinem ersten Mandat (ein Jahr) in Jena wurde ich Juniorbotschafter in Nantes und habe beispielsweise einen deutsch-französischen Poetry-Slam-Abend organisiert. Die Arbeit als Juniorbotschafter ist sehr vielfältig und der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt!

Du hast oft und an vielen verschiedenen Orten in Frankreich gelebt. So hast du tagtäglich den französischen Alltag kennen gelernt. Was hältst du von der französischen „façon de vivre“ und wie würdest du diese beschreiben?

Die „façon de vivre“ würde ich sehr gerne nach Deutschland importieren, das fehlt hier definitiv. Ein Bestandteil dieser Lebensart ist m.E., dass man sich gerne und oft zum Apéro / Essen trifft und dies auch nicht nur am Wochenende, sondern auch gerne unter der Woche. Ein Essen hört auch nicht nach einer Mahlzeit auf, da beginnt es erst! Am Arbeitsalltag würde ich mich aber stören, da dieser oft erst gegen 09:30 Uhr beginnt und dementsprechend auch erst gegen 17:30 endet.

Ehemaliger Deutschlehrer als DAAD Sprachassistent in Frankreich und heute Französischlehrer in Deutschland – du kennst die Schul- und Bildungssysteme beider Länder sehr gut. Welche Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten sind dir im Vergleich besonders aufgefallen?

In Deutschland stehen kooperative Lernformen (Partner- und Gruppenarbeit in verschiedenen Varianten) sowie generell mehr Eigenverantwortlichkeit der Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt. In Frankreich hatte ich oft das Gefühl, dass sich die Studenten/Schüler in ihrer eher „passiven Rolle“ einigeln und zurückhaltender sind. Gerade beim Sprachenlernen, wo eigene Sprachproduktion zum Erwerb von Sprachkompetenzen wichtig ist, empfand ich die Art des Unterrichtens in Frankreich zu frontal, so dass die Lerngruppe wenig selbstständig arbeiten konnte.
Insgesamt gesehen halte ich das französische Schulsystem für zu restriktiv – die langen Unterrichtszeiten ermöglichen zwar eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, rauben den Kindern aus meiner Sicht aber wertvolle Zeit zur freien Gestaltung abseits von Schule und Lerndruck.

Gibt es deiner Meinung nach einen bestimmten Aspekt, den sich die Deutschen von den Franzosen abgucken sollten?

Ganztagsbetreuung ist ein wichtiges Stichwort, das in Deutschland nur sehr langsam forciert wird. Das gibt es bildungspolitisch gesehen noch sehr viel Nachholbedarf. Dazu muss aber viel Geld in die Hand genommen werden, was trotz aller freundlichen Bekundungen vonseiten der Politik leider nur spärlich bzw. kaum zur Verfügung gestellt wird. Ich spiele dabei nicht auf verlängerten Unterricht an, dieser kann weiterhin um 13 Uhr oder 15 Uhr enden. Danach sollten AGs, Hausaufgabenbetreuung oder andere Angebote wahrgenommen werden.

Was sind deine deutsch-französischen Projekte für die Zukunft?

Auch wenn ich nicht mehr Juniorbotschafter bin, werde ich trotzdem weiterhin in meiner Rolle als Lehrer für das DFJW werben. Nach Beendigung des Referendariats werde ich an meiner zukünftigen Schule versuchen, einen Schüleraustausch mit Frankreich aufzubauen. Nur durch den Kontakt mit dem Partnerland und Gleichaltrigen kann die Sprache erlebt und gelernt werden. Bis dahin haben wir die Pandemie hoffentlich endlich überwunden! 🙂

Beitrag teilen

This site is registered on wpml.org as a development site.